Über die Illusion und ihre Erfüllungsgehilfen
Wenn jemand, einem guten Drehbuch folgend, eine komplizierte hochdifferenzierte Persönlichkeit spielt, überschlägt sich das Feuilleton und die Zuschauer sind begeistert. Von dem fabelhaften Buch, der tollen lebensnahen Geschichte und dem wirklich guten Darsteller. Wenn jemand, keinerlei Drehbuch folgend, eine komplizierte hochdifferenzierte Persönlichkeit ist, handelt sich diese Person vor allem Ärger, Ablehnung und Zurückweisung ein. Die Stichworte lauten dann in etwa auf schwierig, zickig, anspruchsvoll, anstrengend.
Soviel zur Realitätsnähe in der Kunst.
Gretchenfrage (II)
Peter Haber ist ein schwedischer Schauspieler (Kommisar Beck), der auch Deutsch spricht. Um die Konsistenz der Figur zu wahren, wird er in einer Szene, in der er in Deutschland Deutsch spricht, synchronisiert. Mit eben der Stimme, die ihn auch in den - im Original rein schwedischsprachigen - Folgen synchronisiert. Christian Brückner hingegen - ein deutscher Schauspieler - ist mir persönlich eher als Sprecher bekannt. Die Irritation ist ungeheuer. Ich sehe Brückner phantastisch spielen. Hören tue ich aber, da kann ich mich gerade auf den Kopf stellen - Robert de Niro. Hätte man Brückner synchronisieren sollen?
Unerwartet
Gewalt als Lebenskonzept, die Darstellung von Menschen, die nicht un- sondern eher amoralisch sind, der Einblick in die Motivationen und Verhaltensweisen solcher Charaktere - das alles hat mich viel mehr interessiert an Tarantinos Kill Bill als die unfassbaren Kunstblutorgien, die er abzieht. Die irritierenden Gefühle in einem selbst sind das Interessanteste an diesem Zweiteiler. Wie ist es möglich, wenn auch nur sekunden- oder minutenweise - Menschen sympathisch zu finden, die gemessen an allem, was einem selbst heilig ist, nur als nachtschwarz und zutiefst böse gesehen werden können? Dieser Zwiespalt kann tagelang beschäftigen.* Mehr dazu zu sagen, wäre zuviel. Über die guten Einfälle in der Regie, über die Choreographie der Kampfszenen ist bereits viel und gut gesprochen worden.
Eine Entdeckung für mich persönlich in diesem Film: ein Song aus dem Soundtrack. Das auf einem Sample des 'The Zombies'-Hits She's not there aufsetzende Stück About Her von Malcolm McLaren ist ein Geniestreich!
[* Er läßt sich sogar lösen. Näheres in den Kommentaren]