Es weht der Wind in den Weiden
und ein behinderter Paranoiker macht Anstalten meine Welt in etwas zu verwandeln, dem hoffentlich der nächste Regierungswechsel den Gar ausmacht. Es geht eine Brise durch das Gras, und Berlin flippt aus um ein niedliches Exemplar des ursus maritimus, während andernorts in derselben Stadt ein paar hundert Leute das Wort selbstreferenziell nicht im Stande sind mit neuen Inhalten zu beschicken. Es fallen Winde in die Hecken, und der Planet verfällt in kollektive, präventive Panik über einen Klimawandel, über den man in etwa soviel weiß wie wie über die Funktionsweise des menschlichen Gehirns. Es geht ein Fallwind durch die Straßenfluchten, und die herrschende Klasse presst alle anderen derart schamlos und beinahe unwidersprochen aus, wie es nicht einmal zu Zeiten des Kirchenzehnts geduldet worden wäre.
Es bauscht ein Sommerwind vor der Zeit meinen Rock und ich lebe das einzige Leben.
Auf den Arm
Ich trinke zu oft. Nicht zuviel, zu oft. Ich weiß warum. Mein Herz kann ohne Betäubung nicht überleben. Fühle mich wie ein Überbleibsel aus einer anderen besseren Zeit. Es fühlt sich für mich - eine aus der Generation der 40+ - merkwürdig an über den alten Wert des Anstands nachdenken zu müssen; es fühlt sich noch merkwürdiger an sich an die Zeiten zu erinnern in denen man 20+ war und diese Werte noch einem jeden mitgegeben wurden ... Und doch, und doch ... Jeder, den ich damals kannte, hätte sich geschämt an einer Rechnung herumzudeuteln, deren zugrundeliegende Arbeit längst geleistet und abgegeben war. Niemand hätte gewagt Leistungen einzuklagen, für die es nie eine Vereinbarung gegeben hatte ... Ich komme mit dem Fremdschämen nicht mehr nach - das betrifft meine Seele. Ich komme mit dem Wutschäumen nicht mehr nach - das betrifft mein Konto. Ich komme mit der Trauer nicht mehr nach - das betrifft meine Selbstachtung.
Es gab eine Zeit, da hatte ich Klienten. Es gab eine Zeit, da hatte ich Kunden. Heute habe ich Beutelschneider.
Mein Problem, daß ich selbst nie ein Beutelschneider war.
Es ist unfassbar beschämend, daß die Scham eine aussterbende Tugend ist.
Und wer nimmt mich jetzt auf den Arm?