Liebe Lichtbildner.
Wenn jemand eine rahmenlose Brille trägt, müßt ihr eine leicht schräge Haltung einnehmen, wenn der/die Abgebildete auf dem Photo nicht aussehen soll, als wären keine Augen vorhanden. Alternativ hilft es, wenn man sich mit Filtern, Weißabgleich, Blende und Verschlußzeiten auskennt. Doch, das gilt auch dann, wenn die verdammte Brille horrend teuer entspiegelt wurde. Ist Physik und hat etwas mit Lichtbrechung zu tun. Schonmal gehört?
Menschen abzubilden, die gerade Licht von unten kriegen, erfüllt klar den Tatbestand der Körperverletzung. Selbst Heidi Klum/George Clooney würde aussehen wie ein Monster. Aprospos Monster ... schon klar, daß die Licht-von-unterm-Kinn-Perspektive sehr gern in Horrorfilmen Verwendung findet? Genau in der Szene, in der der irre Axtmörder seinen Auftritt hat? Mit Grund, meine Freunde, mit Grund.
Unscharfe, verwackelte oder einfach häßliche Photos könnt ihr gerne reihenweise machen. Aber behaltet sie doch einfach für euch, für das Gruselkabinett im geheimen Schrank, den Mutter ganz schnell entsetzt wieder zuschlagen würde, obsiegte doch einmal ihre Neugierde - was eure Tagebücher und zwielichtigen Magazine trefflich vor fremdem Zugriff schützte. So hätten die phototechnischen Katastrophen wenigstens noch einen Nutzen.
Über grundsätzliche Befähigungen darf auch gerne nachgedacht werden. Nicht jeder, der gut schreibt, kann auch gut photographieren. Ihr kämt doch auch nicht auf die Idee jemandem euer Motorrad zu überlassen, nur weil er einen Autoführerschein besitzt.
Überdies würde es euch manche stille Feindschaft ersparen, je nach Temperament des jeweiligen Opfers vielleicht auch Schlimmeres, wenn ihr euch ab und an ein paar Gedanken machen würdet über das Recht am eigenen Bild verdammt! Nein, damit sind nicht eure Photos gemeint, die gehören euch nämlich gar nicht, wenn der Abgebildete nicht gefragt wurde! Und nochmals nein: Die Tatsache, daß sich jemand in den bedingt öffentlichen Raum einer Bar oder Kneipe begibt, gibt diesen Menschen nicht automatisch zum wildgewordenen Abschuss frei.
Für die lernwilligen unter euch noch ein wenig Anschauungsmaterial: Wenn man nach den schönen Seiten im Wesen des Abzubildenden sucht, wenn man Geduld, Fingerspitzengefühl, Expertiese und Höflichkeit im Gepäck hat, dann, ja dann kann das Ergebnis so aussehen, selbst bei einem Durchschnittkonterfei wie meinem:
(Lieben Dank, Frau Gaga.)