BEYOND the void
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Spontane Lust auf einen eiskalten Manhattan. In irgendeiner Bar. Keine Lust sich aufzurüschen. Ein kurzer Blick in den Spiegel, Brille zurechtrücken, kurz mit der Bürste durchs Haar, ein Hauch Lippenstift, ansonsten ungeschminkt. Und ab dafür. In Jeans und schwarzem Rolli, nicht eben ein dressed-to-kill-outfit. Rötliches Licht, Wärme. Zwei schöne Männer hinter der Bar, zehn davor. Drei hübsche Frauen anwesend, jede auf ihre Art aufgerüscht, alle mindestens zehn Jahre jünger als ich. Keine Paare. Keine Gruppen. Der Manhattan ist fabelhaft. Den Gedanken nachhängen, dem Jazz lauschen, der nicht zu leise durch den Raum knistert, gedankenverloren eine Zigarette drehen. ZACK! Die Flamme vor meinem Gesicht erschreckt. Der Herr rechts möchte mir dringend Feuer geben. Ein dankendes Kopfnicken. Kein Wort fällt. Ich beobachte eine der Frauen, die sich nach allen Regeln der Kunst flirtend um einen schönen Mann bemüht - der sich plötzlich bückt und mir eine Jacke reicht, die gar nicht meine ist:"Ist das Ihre? Muß wohl runtergefallen sein." Mein lächelndes Kopfschütteln kommt zusammen mit der Verwirrung. Was ist denn mit denen los? Der Keeper stellt mir einen neuen Manhattan hin und auf meinen fragenden Blick hin und meine Handbewegung, die den Drink zurückweisen möchte, sagt er: "Geht aufs Haus." Erstaunlich. Ich war noch nie hier. Der zweite Drink geht zur Neige. Zwei neu eingetroffene Gäste versuchen mich mit Blicken und Gesten zu beflirten. Mit meiner Ruhe ist es aus. Ich wollte doch nur ... Nehme meine Jacke und kann gerade noch verhindern, daß mir ein weiterer fremder Mensch in dieselbe hilft. Selten war ich so froh mir in meiner leeren Wohnung einen Tee zu kochen und noch ein wenig den vögelnden Nachbarn zu lauschen. Die Wände sind sehr dünn hier.

real life  2003 · 01:59  # ·  x  | 480 x gelesen pixel