waitin' for the rainstorm
Schwere Luft, klebrig-warm, fast möchte man sich mit der Machete den Weg bahnen. Langsam verändert sich das Licht. Die Platanen vor dem Fenster hexen einen giftigen Grünfilter in meine Räume, während sich das Bischen sichtbarer Himmel langsam von blauviolett nach schwefelgelb verschiebt, alle Farben wie ein Hauch, pastellig, beinahe nur eine Ahnung von Farbe. Jetzt wird es still. Vereinzelt stimmt noch ein Vogel eine Melodie an, verstummt dann wie abgeschnitten, als habe er sich erschreckt. Die Straßengeräusche klingen nun merkwürdig gedämpft. Staubig. Schweres entferntes Donnergrollen, immer wieder. Es kommt näher, die Abstände werden kürzer. Die ersten Tropfen fallen, Sturmboen schlagen meine Türen, der satte Geruch von Regen liegt in der Luft. Nicht mehr lange, dann wird es laut, und wild und feucht. Die Frau, die dann auf dem Platz steht, grünen Duft säuft, den Regen auf der Haut - die Frau bin ich.
Rot
Das rote Kleid wirkt in der strahlenden Sonne knallrot, überlaut. Ich mag das. Das Dejà Vu ist mindestens genau so laut - so eine Situation hat es schon einmal gegeben. Nach dem ersten roten Haken kommen die Bilder zögernd, aber sie kommen. Ein Sommerurlaub mit meinen Eltern, eine der letzten Phasen, in denen man manchmal noch nicht so genau weiß, ob man nun schon fast erwachsen oder doch noch ein Kind ist, jedenfalls ab und zu. Entsprechend schwankend war meine Selbstdarstellung, aus meiner Sicht. In dem roten Kleid mit den weißen Paspeln und dem zierlichen Bindegürtel, rote halbhohe Sandalen dazu, fühlte ich mich besser - da war die Einordnung klar. Ich liebte dieses Kleid. Bei unseren diversen Schloßbesichtigungen fühlte ich mich erst recht als Dame. Jahre später schenkten mir meine Eltern ein Photoalbum. Bilder von mir, aufgemacht als spannende Lebensgeschichte. Unter einem Bild von mir in besagtem roten Kleid stand in der Handschrift meines Vaters: Beim Verlassen der Botschaft und Quittierung des Dienstes. Unter einem etwas jüngeren Bild hatte gestanden: Eines der wegen geheimdienstlicher Tätigkeit sehr spärlichen Photos aus den Jahren 19.. bis 19.. Das passt in eine Zeit, in der mein Name ein anderer war als heute, in der ich eine andere war. Die Liebe zu roten Kleidern habe ich mitgenommen.
[Auf speziellen Wunsch von Herrn Steffster geschrieben.]
Party
Der afrikanische Weißwein liegt als heller Schleier auf der Wahrnehmung, geschätzte 20% #fff. Die vier sind Geschwister. Vorher nicht gesehen. Kontrastähnlichkeit. Sie aus dem Augenwinkel zu beobachten ist ständig aufs Neue schön - die Lebhaftigkeit in diesem Gesicht. Ob sie weiß, wie schön sie ist? S. hängt enstspannt auf dem Klappstuhl und fängt immer wieder meinen Blick, einfach so. Nachher wird er tanzen, trotz Schiene - Kreuzbandriss - und morgen wird ihm das dicke Knie ein wenig Sorge bereiten. A. und F. versuchen im Laufe der Nacht dreimal die Party zu verlassen, nur ist der Gott der Taxler nicht mit Ihnen. Ihr Aufgeben hat etwas triumphales. Drüben in der Sofaecke kocht die Stimmung hoch; Streitgespräche, wild, laut und fröhlich. Der werdende Physiotherapeut gibt mir eine Massage, die mir später fürchterliche Kopfschmerzen bereiten wird, nicht zuletzt, weil er das Ausstreichen vergessen hat. Für den Augenblick ist es Verführung pur, die sichere Selbstverständlichkeit der Berührung ist zärtlich-vertraulich-pragmatisch. Die Augen geschlossen, driften im Orbit. Alles klingt wie vor vielen Jahren. Stimmwirbel und Nähe. Stille und Gläserklirren. Musikschnipsel und Satzstreifen. Raum genug für jeden. Wir werden nicht älter, wir sehen nur anders aus. Und nichtmal das ist sicher.
Die kleine zierliche Frau, die sich da wegduckt. Wir kriegen in Sekunden eine Ebene, weil sie sich extrem gerade hält, und ich sie darob für größer (länger) halte, als ich es bin, und es auch sage. Unser gemeinsames Lachen ist schon eine Verschwörung. Wie schön sie ist! Die warmen Augen, die wunderbaren Proportionen. Arbeite damit, daß man dich dauernd unterschätzt. flüstere ich. Das Gelächter wieder ein gemeinsames - und doch merkt sie nicht, daß die anwesenden Männer sie mit den Blicken verschlingen.
In der Strassenbahn
Ein Pärchen. Perfekt kostümiert, klasse geschminkt. Hunnen, das Kostüm ausgefeilt bis zu Lederbrustpanzer und Kaninchenfellumhang. Beide haben einen Gesichtsausdruck, als wären sie zur eigenen Hinrichtung unterwegs, mindestens aber zum Zahnarzt.