african ocean II
36 Grad Celsius, Luftfeuchtigkeit 98 Prozent, das Licht so grell, daß es die Farben fraß. Was die Augen sahen, war nur noch in Abstufungen pastellig. Der indische Ozean leckte sanft und friedlich an die überhitzte Küste, und spielte Mittelmeer. Ein Traum von einem Tag. B. schlief friedlich, den großen Strohhut auf dem Kopf. Ich tippte ihn kurz an 'Ich gehe schwimmen.' Er nickte schläfrig, murmelt 'Pass auf, ja?' und schloß die Augen wieder.
Das Wasser war herrlich. Im ersten Moment an der aufgeheizten Haut fast unerträglich kalt, dann einfach eine Wiege aus Kühle und Sanftheit. Ich legte mich in diese Schwingung, die Arme hinter dem Kopf, und ließ mir die Sonne auf den Bauch scheinen. Unklug. Das nachdrückliche Zupfen an meinem Knöchel warnte mich nicht, ich bemerkte es kaum. Als ich endlich begriff, was es damit für eine Bewandtnis habe, war es zu spät. Das war mir augenblicklich klar. Tags zuvor hatten wir noch mit dem großen Surfboard zwei Schwimmer aus dem Wasser geholt, die sich der Gefahr in der sie sich befanden, nicht bewußt waren. Jetzt wußte ich - da hat sie mich, diese verfluchte Unterströmung. Freiwillig wird sie mich nicht ziehen lassen. Vorsichtig drehte ich den Körper im Wasser, alle Hautsensoren auf Input, fühlte der Strömung nach. Nicht gut, gar nicht gut. Sog. Heftiger. Ich spannte die Muskeln und zog eine Reihe von harten Kraulzügen in die Richtung, in der ich eine Abschwächung der Strömung vermutete. Das Ergebnis gleich Null. Mit dem Durchsickern dieser Erkenntnis verschwand ich - in meinem Kopf nur noch kreischende Stimmen, die in unverständlichem Idiom meinen nahenden Tod bekanntgaben. Die längsten Minuten meines Lebens; wieviele es waren, werde ich nie wissen. Ich werde auch nie erfahren welcher Teil meines Ichs die Kraft aufbrachte aus brüllender Panik heraus mein Hirn wieder einzuschalten. Doch es geschah. Spät. Ich war schon sehr erschöpft. Der rettende Strand in geradezu lächerlich geringer Sichtweite. Unerreichbar. Mein zum Notsignal hochgereckter Arm wurde nicht gesehen, Rufe tragen nicht in der Brandung. Die Kraft fast dahin, ließ ich mich ziehen, wissend, daß es mich aufs offene Meer ziehen würde. Beobachtete ein Stück Treibholz um die Strömung auszulesen. Weit ging das. Lange. Sicher zwanzig Minuten. Die winzige Landzunge, meine einzige Chance, war zu sehen. Und so unerreichbar wie der Strand. Eine Quersee brach in die Unterströmung ... jetzt oder nie. Ich warf mich hinein. Einige dutzend Meter Versatz. Fühlte den Sog schwächer werden und kraulte wie eine Wahnsinnige - tangential abschwimmen die letzte Chance, die Felsen die einzige Möglichkeit. Mein Körper ein kleiner Korken mit eigenem Willen. Es gelang. Leidlich. Der nächste Schwung warf mich an die Steine, ich warf den Kopf zurück, krallte die Hände in Stein und Muschelkalk, mit letzten Kräften. Bewegen. Jetzt! Die abgehende Welle würde mich von den Steinen saugen wie nichts. Irgendwie glückte es die Wasserlinie unter mir zu lassen. Knapp. Ich fiel ächzend in eine Sandmulde. Danach weiß ich nichts mehr. Die Welt kam sehr langsam zurück. Ich ließ mir Zeit. Über die Landzunge schwankend kehrte ich schließlich an den Strand zurück. Da kamen sie angerannt, die Freunde. Ach, ihr Lieben, das wäre nun zu spät gewesen. Hände und Füße von den Seepocken auf den Felsen blutig geschnitten, zwei angebrochene Rippen, Schürfwunden, blaue Flecken. Ich lebte.
B. schlief.
Hole ich mir heute diese Bilder zurück, fürchte ich nicht mehr Tod noch Teufel. Und erinnere mich gut: die Panik ist der Feind.
Kuriositäten, Merkwürdigkeiten
an mir? Und dann nur sechs?? Et voilà:
- Es gibt nur sehr wenige Menschen, die mich verstehen und noch weniger, die ich verstehe.
- Manches, was die Allgemeinheit erotisch findet, finde ich extrem unerotisch (z.B. sich gegenseitig auszuziehen).
- Im Sektionssaal zu stehen und nachzusehen, was schiefgelaufen ist, machte mir nur selten Schwierigkeiten, aber beim Vorbereiten von Rinderleber für ein Abendessen wird mir schlecht.
- Ich schminke mich sehr ungern - der Vorgang - habe aber Massen aller Dinge zuhause, die dafür notwendig sind.
- So lange ich rauche, werde ich immer nur dieses eine Kraut rauchen, und immer selber drehen.
- 'Shopping' ist mir gründlich zuwider, besonders bei Kleidung aber auch so, dafür gehe ich gerne in Baumärkte, und Buchhandlungen sind finanziell gesehen die gefährlichsten Orte auf Erden.
Dieser Herr wollte das wissen.
Mitspielen möge, wer mag - mir ist gerade nicht nach Stöckchenwerfen. Zeichner, erzähl du doch mal ...
idiotisch
Wieso ich mir Spaßprojekte antue, die mich dann unter Stress setzen, darf mir beizeiten jedermann erklären.
Fühle mich gerade als Mitglied des Idiotenklubs - "... und laden herzlich ein."
Muß wohl mal ein paar Dinge sortieren, damit diese freundlicherweise aufhören mir über den Kopf zu wachsen.
kontraproduktiv
... daß man endlich den Kopf über Wasser kriegt, einander wieder wahrnimmt. Und dann ausgerechnet die Natur so laut brüllt, daß man entweder über die Effizienz von Waschmaschinen oder über Plastikfolien nachdenkt nachdenken muß.
Ein Wochenende
- Ein Keller, der nicht elektrifiziert ist, und von mir illegal mit Licht versorgt wird. In der Folge sieben Stunden Arbeit: Durchfeuchtete Kartons aus- und umräumen, Bestandserfassung, Müll aussortieren, Regale aufbauen, eine halbe Million Tonnen an Materie erfassbar beschriften und einräumen - einschichten? Es war wichtig das vor den ersten Herbststürmen und Regenfällen zu tun. Daß der iPod auf dem Tisch im Flur über die Behelfsboxen Lieblingsmusik schickte, half unbedingt. Die idiotischen Nachbarn, die mir auf die Zeit dreimal das Licht abdrehten, weniger. Man kann das Bedürfnis nach energiersprarender Verhaltensweise auch deutlich übertreiben. Und ich war wohl an meinem hinteren Ende des Kellers nicht laut genug um noch als lebendes Wesen durchzugehen. Soviel zu dicken Mauern - ca. 100 Dezibel und keiner hört mich? In solchen Räumen eingesperrt zu sein, wäre ein Albtraum. Andererseits: Ein guter Platz für eine wilde Party.
- Der Meine, der zwischendurch nach mir sehen kam, lächelte sehr über meinen Wunsch nicht nach heißem Kaffee, vielmehr nach heißem Waschwasser - und versorgte mich damit. Ob meine Lunge die Schimmelpilzinhalation über so lange Zeit ohne Störung verkraften konnte, werde ich so schnell nicht wissen. Aber immerhin ist mir klar, wen ich dann verklagen kann.
- 136 Quadratmeter grundreinigen, dabei drei Maschinen Wäsche waschen und aufhängen, verzweifelte Kunden beruhigen - ohne Verzweiflung würden sie nicht wagen mich des Sonntags anzufunken - und bei alledem noch fröhlich flöten - kein schlechter Tag.
Das innere Ausschwingen besteht in stundenlanger Silberputzarbeit vor dankenswerterweise guten Krimis. Als ich wieder auf die Uhr sehe ist es nach vier. Naja. - Indem ich heute ein paar indiskrete Fragen nach den Dingen, die ich nicht habe aber möchte, denen, die ich weder habe noch wünsche etc., beantwortete, fand ich mich im Anschluß sehr glücklich und möchte dem Fragesteller für die Anforderung danken. Viele der 'Stöckchen' gehen unfasslich auf die Nerven; dieser war ein Gedankensteller im richtigen Augenblick. Kommt auch vor.
- Der Spiegel zeigt mir heute ein sehr junges Gesicht, faltenlos und ohne Augenringe. Sehr irritierend. Zweimal 24 Stunden mit sehr viel körperlicher Arbeit, ich spüre jeden Knochen, jede Sehne, jeden Muskel. Und sehe eindeutig besser auf als nach den Tagen und Nächten voller Hirnarbeit, in denen sich an meinem Körper nur die Hände bewegen ... Hätte ich Weinbäuerin oder Straßenfegerin werden sollen?
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Der eigenen Linie auf Zeit entflohen. Zwar schäme ich mich vor mir selbst, allein - es fühlt sich nicht falsch an. Solange ich sicher sein kann, daß der neue Tag anderes aufzubringen vermag, muß ich lernen nicht nur Preuße zu sein, lernen mir die eigene Schwäche zu verzeihen. Sie zu begreifen. Anzunehmen. Und ihr dennoch nicht Tür und Tor zu öffnen, auf daß ich sie noch zu beherrschen vermöge statt daß sie mich beherrsche.
Das klingt für ein beliebiges Außen sehr einfach und ist im Innern sehr schwer. Weil die Grenzen fließen. Weil man so sehr dazu neigt den Ersatz zu nehmen, wo das, was man eigentlich möchte, schlicht nicht verfügbar ist - aus welchen Gründen auch immer.
Die höchste Kunst von allen: Wissen, wann Kontrolle unabdingbar ist - und wann man sie loslassen sollte, gar müßte.
α & ω
Die verstrichene Zeit nicht bereinigen können. Stattdessen diese Präsenz bereinigen. Nicht die anderen, vielmehr mich selbst am Rückwärtslesen hindern. Ballast abwerfen. Nach vorn soll es gehen. Die Vergangenheit kann mich nicht erlösen; dieser Zauber kann nur aus der Gegenwart gewirkt werden. Nicht aus dem Gestern und auch nicht aus dem Morgen. Und auch morgen, wenn mein Jetzt schon wieder ein Gestern ist, werde ich mir das wieder sagen. So lange bis es sitzt. Wenn ich mich umschaue, sehe ich den monströsen Knoten, bildfüllend, der nun ins Beinahenichts baumelt. Den Knoten, dessen ich nur in der Verneinung und der Abkehr halbwegs ledig werden konnte.
So lange bis es sitzt.
Nos De Caraid II
One lifetime is long enough Is long enough to wait The rain like silver in my ears Fat nothing on my plate A bucketful of Babylon A belly full of hate Go to sleep my one true love And may your dreams be sweet
Then we’ll be running
See its face beneath the glass It murmurs on the breeze Like a long black Cadillac It passes ‘neath the trees What is it you’re waiting for? Sweet love is on its knees Go to sleep my one true love And find your heart’s release
Then we’ll be running Afraid of nothing Yeah we’ll be running
Silence is golden Here I am I ain’t afraid of nothing Silence is golden Here I am
The sun above the cotton grass Is sinking down like lead The seagulls know the truth of it And scream it overhead Hold on to St. Christopher The sky is murderous red Go to sleep my one true love Our glory lies ahead
Then we’ll be running Afraid of nothing Then we’ll be running
All wired up in a dawning ray All wired up in a dawning ray All wired up in a dawning ray All wired up in a dawning ray
(David Gray)