Lehren und lernen
Ich war gerade 16 als meine Mutter anfing mich zu fragen, wenn ihr die kryptischen Werte und Namen im ausgedruckten Blutbild zu wenig sagten. Was überhaupt nichts über die Intelligenz und Allgemeinbildung meiner Mutter aussagt, hingegen viel über mein ... Beharrungsvermögen.
Medizinischer Kram hatte mich immer brennend interessiert. Mitunter vermute ich, daß dieses wildgewordene Interesse mit den vielen Operationen und den häufigen Krankenhausaufenthalten zu tun hat, die ich mir antun mußte. Ein Mittel die Angst zu bannen? Vielleicht.
Allemal - wenn ich mich für etwas wirklich interessiere, habe ich herbe Ähnlichkeit mit einem Digger im Goldrausch. In die Tiefe, in die Breite usw. Und habe mich, als ich noch unsicherer war, oft diskreditiert. Ein solides Halbwissen ist regelrecht gefährlich, wenn es nicht als solches erkannt wird. Und/oder nicht zugegeben wird, wenn denn erkannt.
Inzwischen bin ich da grundsolide, berichte so weit wie ich weiß; jenseits dieser Basis schicke ich 'meine Leute' ohne Gesichtsverlust meinerseits zu jemandem, der sich damit besser auskennt, was immer es sei. Und lerne selbst von den Auskennern, mit Freude und immer wieder.
Meine Studiengänge waren für mein späteres Berufsleben nur bedingt von Nutzen, aber eines hatte man mich unbedingt gelehrt: Das Wesentliche zu erkennen, zu erfassen und im Bedarfsfall zu unterfüttern, mit der eigenen Recherche. Die Spreu, der Weizen, man kennt das. Und das ist jetzt, zugegeben, eine verdammt lange Einleitung zu einer kleinen Geschichte: Da es so viele gab, die mich lernen ließen, denen ein freier Fluß des Wissens - jenseits von pekuniären Interessen - an und für sich etwas bedeutete, bin ich selbst so geworden. Und verstehe mit jedem Jahr besser, warum man andere an den eigenen Kenntnissen teilhaben läßt.
Jemandem etwas zu erklären und zuzusehen, wie er es verarbeitet - das ist wie ein direkter Blick in einen anderen Kopf. Faszinierend! Man kann dabei zusehen wie der andere mit den Informationen umgeht, man erfährt ob der Angang ein eher emotionaler oder ein analytischer ist ... Man schaut dem anderen beim Denken zu. Nichts könnte spannender sein.
Vielleicht kehre ich doch noch in die Erwachsenenbildung zurück ...