BEYOND the void

Warten

Spät. Verflucht spät. In den Nerven noch immer die Kälte des Winters. Die Gedanken schwerfällig; befangen unter Null. Der Herzschlag unentschlosssen. Nicht Winterschlaf noch Frühlingserwachen. Zwischen den Zeiten. Wenig beweglich.

Es wird Zeit.

radio me  2004 · 19:01  # ·  x  | 253 x gelesen pixel
 
 

 

I wanna go to Africa

Es ist etliche Jahre her, daß ich zum ersten Mal in Afrika war. Ich gewöhnte mich schnell ein, fühlte mich ohnehin vom ersten Tage an wie nach Haus gekommen. Shaddy, ein alter Golden Retriever, liebte die Strandspaziergänge mit mir, immer viel weiter und länger als die Gänge mit O. Von der Plötzlichkeit afrikanischen Wetterfalls wußte ich noch wenig.

Wir waren an diesem Tag noch weiter am Flutsaum entlang gegangen als sonst. Das dunkle Violett, beinahe Schwarz des Horizonts, die ersten harten Böen und schweren Regentropfen - alles eine Sache von Minuten.

Als die ersten Blitze zuckten, sah ich mich nach einem Schutz um. Gut, dahinten waren kleine Holzhäuser. Shaddy und ich rannten wie die Verrückten durch den inzwischen wasserfallartigen Regen bis zum ersten davon. Bevor ich noch klopfen konnte, öffnete sich die Tür, jemand griff nach meinem Arm, zog mich in den Schutz der Hütte und schlug die Tür zu. Drinnen saßen ein Mann, und eine Frau mit einem Kind auf den Knien an einem rohen Tisch. Der Mann, der mich aus dem Regen gezerrt hatte, kam aus einem hinteren Raum mit einem fadenscheinigen Handtuch, das er mir wortlos reichte.

Die Stimmung war merkwürdig. Da stand ich als einzige Weiße in diesem sauberen Häuschen, dem die Armut der Bewohner bis in den letzten Einrichtungsgegenstand anzusehen war und fühlte mich deplaziert. Nicht zuletzt, weil noch kein Wort gefallen war. Die Blicke der anderen lagen irgendwo zwischen fragend und mißtrauisch. Bis ich den Mund aufmachte um auf Suhaheli Guten Tag. zu sagen. Eines der wenigen Worte, die ich in dieser Sprache kannte. Ich muß es falsch ausgesprochen haben. Jedenfalls schrieen auf einmal alle vor lachen, sprachen wild durcheinander. Der Bann war gebrochen. Man bot mir Tee an, einen Stuhl, der Hund rollte sich neben mir zusammen, und wir redeten freundlich belangloses in wildem pidginartigen Englisch. Über das Wetter, das mich überrascht hatte. Über das Kind. Über Europa und wie es da so sei. Als das Gewitter abgezogen war, verabschiedeten wir uns fast freundschaftlich voneinander.

Zuhause erzählte ich O. wo ich gewesen war. Er wurde leichenblass, sagte nur einen Satz:"Geh' da nie wieder hin!" und wandte sich ab.

Erst G. erklärte mir später, unter vier Augen, daß man sich dort mit einer weißen Haut besser nicht blicken ließ, wenn man nicht später mindestens schwer verletzt in irgendeinem Gebüsch gefunden werden wollte.

Ich glaube bis heute, daß mir nichts derartiges geschehen ist, hat damit zu tun, daß es mir scheißegal ist, welche Hautfarbe jemand hat. Und man das auch spürt.

Sawubona = Seid gegrüßt

radio me  2004 · 03:35  # ·  x  | 1574 x gelesen pixel
 
 

 

Vom Guten im Schlechten

Fest, sehr fest, verbandelt zu sein, macht träge. In den Jagdzeiten, sprich: der Prä-Verbandelt-Zeit, sorgte der ständig erhöhte Cortisol- und Adrenalinspiegel für eine nicht aus der Form gehende Figur, von schweißtreibenden Nächten in Tanzschuppen, Bars und anderswo gar nicht zu reden. Heute hat man einen Sitzberuf, Stress findet nur noch im Kopf statt und soviel Sex kann man schon aus zeitlichen Gründen gar nicht haben, daß er als Ausgleichssport betrachtet werden könnte. Und der Orthopäde liegt einem in den Ohren, man möge etwas für seinen Rücken tun, der Feld-Wald-und-Wiesen-Doc, mit kritschem Blick auf den Kreislauf, tutet ins gleiche Horn. Ja, man müßte 'mal... Aber es ist so schön bequem und man passt nach wie vor in die acht Jahre alten Jeans, also was soll's. Nur der Tonus, der ist richtig scheiße. Irgendwie keine Spannung mehr drauf. Mangels Muskeln, denkt man. - Wer braucht schon Muskeln... Der innere Schweinehund pfeift sich einen und fühlt sich wunderbar.

Und dann das! Beim nichtsahnenden Zappen rauscht man in ein Konzert von Janet Jackson (ja, die mit dem Booops!Unfall), jemand schreit nicht umschalten! und man tut sich die Dame also an. Leise schleicht sich die Überlegung an Die Frau ist um einiges älter als du.. Ihr Gesicht, mit Verlaub, mag man nicht geliehen. Aber der Körper - fit, modeliert, nicht überkandidelt. Neid kommt auf. Und Optimismus: Es geht also, man kann in dem Alter so aussehen.

Tja, was soll ich sagen - ich habe nun einen Vertrag mit der Mukibude meines Vertrauens. Und ich geh' da sogar hin.

radio me  2004 · 02:33  # ·  x  | 390 x gelesen pixel
 
 

 

long vehicle

Reifer werden war nie ein Problem. Älter werden letztlich auch nicht - erinnert sich jemand an die 13-jahrige Sehnsucht 18 oder auch nur endlich 15 zu sein? Der Haken ist die verfluchte Divergenz. Nichtmal im Innen, nein, im Außen.

Meine Seele hat mit 25 beschlossen weitere Kratzer nicht mehr auf sich zu beziehen und im 25er Status zu verbleiben: Ich verstehe das Wesentliche, werde damit fertig und für den Rest belassen wir es bitte bei Gelassenheit und dem Drüberstehen, bewahren uns auf diesem Wege die Fähigkeit zum Optimismus.
Der Körper schert sich nicht drum und altert unverdrossen. Was soll er auch anderes tun - dies ist seine Bestimmung, unentrinnbar.
Das Seelenleben widerum stört sich an diesem Faktum überhaupt nicht, die beiden haben ihren Frieden miteinander längst gemacht.
Der Geist steht über alldem, und macht sich über Reinkarnation und Zen so seine Gedanken, eher unberührt von der Trivialität auf den Ebenen darunter. Mit anderen Worten: Alles in bester Ordnung.

Dies ändert sich schlagartig, wenn das Konglomerat mit der Außenwelt in Berührung kommt - die Blicke, die das Gegenüber dir gibt, wenn du dein Alter mit > 40 angibst, ändern sich augenblicklich. Jenseits aller Logik. Weder siehst du danach aus, noch fühltest du dich unbeweglich, verknöchert, unattraktiv, doch mit diesem speziellen Blick von außen kann sich das ändern. Da braucht man schon verdammt Ar... in der Hose um sich so zu fühlen wie immer.

Ich werde 40, Leute. Was nun??

radio me  2004 · 02:01  # ·  x  | 796 x gelesen pixel
 
 

 

Vier freie Tage

Eine große Ruhe, eine noch größere Spielfreude. Man sitzt in der Gegend und genießt eine vollkommene Zeitlosigkeit. Es ist halb vier - so what. Oft entsteht genau dann dieser flow, in dem man Teil von allem und doch allem enthoben ist. Zauberei. Und plötzlich fühlt man sich wieder. Ganz klar. In jeder Kontur. Und die Musik aus der Anlage, zu dieser Stunde der Nacht, macht so weich, daß man fast vom Stuhl fließt. Seiden, sinnlich, fröhlich. Glücklich.

radio me  2004 · 03:28  # ·  x  | 316 x gelesen pixel
 
 

 

Nightmare

Die dunklen Träume von damanszener Stahl die Befreiung.

Die blanke Wut. Genugtuung. Gerechtigkeit. Nicht nach Rache verlangt uns. Vielmehr nach Achtung. Nach Würde.

Das Licht des Morgens fordert Toleranz. Einmal mehr.

Die Frage bleibt...

radio me  2004 · 02:55  # ·  x  | 829 x gelesen pixel
 
 

 

Sonntagsphilosophie anläßlich eines gelangweilten Mitmenschen

Langeweile. Ein Gefühl? Ein Gedanke? Ich wußte das nie. Vertraut, wenn auch selten: Ein Empfinden allgemeiner Unlust, tausend Dinge, die zu tun möglich wäre; nichts davon im Stande einen inneren oder äußeren Bewegungsimpuls auszulösen. Langeweile, die kleine Schwester des Desinteresses, die mit den schiefen Zähnen und den herabgezogenen Mundwinkeln, sie hat mich nie besucht. Manchmal treffe ich sie bei anderen; erkennen kann ich sie. Immerhin. Schön ist es, selbst in der Wiederholung die Übung zu sehen, immer wieder einen anderen Blickwinkel dazu zu haben. Nicht, daß dies ein Verdienst wäre. Vielmehr scheint es Teil des Naturells zu sein. Man sagt, schon als Kind wäre ich so gewesen - das Konzept Langeweile war mir nicht zu vermitteln. Es mag daran liegen, daß der Wandel mir immer gewärtig ist - entweder in mir oder in den Dingen, die ich tue.

radio me  2004 · 19:28  # ·  x  | 302 x gelesen pixel
 
 

 

Behauptung

Wer verstehen will, welche Haken und Ösen das Verhältnis Afrika/Europa zu etwas machen das - mit viel Glück - bestenfalls in ein- bis zweihundert Jahren für beide Teile produktiv ist, sollte sich Henning Mankells Antilopen ansehen. Und keine Angst vor einem traurigen Herzen haben.

radio me  2004 · 10:43  # ·  x  | 253 x gelesen pixel