Anyone's Daughter
Da sagst du mir, du fändest deine Tochter nicht mehr wieder. Es klingt wie eine Anklage. Und es ist auch so gemeint. Dabei benutzt du auch noch den Namen, den ich vor Jahren schon ablegte, was du nie respektiert hast. Seit gestern kaute ich an deinen Sätzen und konnte nicht schlucken. Jetzt weiß ich auch warum: weil mein Herz genau wußte, daß da ausspucken besser sei.
Natürlich findest du diesen Menschen nicht mehr, von dem du da sprichst. Diese kleine zarte Tochter mit der dünnen Haut, der unter anderem du einen soliden Minderwertigkeitskomplex mit auf den Lebensweg gegeben hast, die gibt es so nicht mehr. Und auf weiten Strecken ist das gut so. Es ist gut, daß ich mich nicht mehr kleiner, dümmer, merkwürdiger finde als den ganzen Rest der merkwürdigen Menschheit. Es ist gut, daß ich in der Lage bin 'to stand my grounds', in welchen Belangen auch immer. Dich stören die harten Kanten? Die Deutlichkeit? Daß ich mir nicht mehr jeden Schuh anziehe, den du mir hinstellst, sondern nur noch die, die mir auch passen? Sollte das wirklich so sein, hast du dich hinsichtlich deiner ausgesprochenen Erziehungsziele belogen. Und mich ebenfalls.
Was mich aber so richtig wütend macht, ist die Tatsache, daß du mir 20 Lebensjahre mehr als Basis eines per se überlegenen Erfahrungshorizontes darstellst. Die letzten 15 Jahre, mindestens, hast du soweit ich sehen kann, lediglich die Erfahrung eines Jahres 15 Mal wiederholt. Auf meinem Erfahrungshorizont haben sich Dinge und Geschichten ereignet, die deiner Erfahrungswelt mit absoluter Sicherheit so fern sind wie der Sirius der Erde. Pack ihn wieder ein, deinen überlegenen Erfahrungshorizont. Hör' mir lieber 'mal zu. Ganz und gar offen, nicht mit den veralteten Schubladen im Kopf. DAS wäre ein Schritt nach vorn, eine überlegene Erfahrung.
Flaute
Rückenwind. Der dich fliegen macht, die Haare stellt. Der Schub, der dich größer, viel größer machen kann. Die Muskeln pumpen. Schneller, schneller! Dann dreht sich der Wind, legt dir eine große starke Hand auf die Brust. Steh! Von wegen, jetzt erst recht! Die Haare schon nass, Salz läuft in die Augen. Mittendrin bist du, ganz da, ganz hier. Plötzlich Stille. Kein Blatt rührt sich. Kein Schub, kein Widerstand. Und nun, nun stehst du. Verwirrt, hilflos. Ein einziges Warten auf den Wind.
Die Glashaut härtet sich, jede Stunde eine weitere Schicht. Außen wird es laut, innen immer stiller. Und kleiner. Die Farbe wechselt. Am Schlußpunkt eine Kugel, nachtschwarz, lichtundurchlässig, winzig wie ein Stecknadelkopf. Sie bringt ein Geschenk mit, das ich zu würdigen weiß. Und langsam, langsam füllt sich alles wieder mit Atem, mit Licht, so daß ich das Denken hören kann, jenseits der Worte.
Daheim werde ich die Glashaut auf die Fensterbank stellen und zusehen wie sich das Sonnenlicht in ihr bricht.
Und noch 'ne Anfrage
Weil so ziemlich immer alles anders kommt, bin ich jetzt Donnerstag & Freitag in Berlin. Kann mir jemand mit einem Übernachtungsplatz für eine Nacht und zwei Personen unter die Arme greifen? Wir sind pflegeleicht und stubenrein. Wäre mehr als froh darüber...
[Wir haben freundliche Aufnahme gefunden.]
Zur Erklärung
Japps! Deadlines, Wohnungssuche, Reisenotwendigkeit, Außenstände, Krankenkassen, Finanzämter, Steuerberater, Mietrechtsanwälte, meine Menschen sträflich vernachlässigt, ich selbst dito.
Fühle mich wie eine gut gespielte Billiardkugel - der Spin ist beispiellos. Wer auch immer auf was auch immer von mir wartet, möge Erbarmen haben.
[Wo war nochmal die Stelle zur Beantragung des 32-Stunden-Tages?]
Schlampig, hektisch, on the brink of Überforderung, jedoch noch immer die Ihre, liebe Leser, Unterstützer und Mitstreiter.
[Sonntag? Was ist das? Kann man das essen?]
Nachtfalke
Heute Nacht träume ich mit vielen von euch. Sanfter Frühlingshauch vor Schwarznachthimmel atmet Aufbruch, atmet neu, atmet anders. Stelle mir vor einen von euch zu treffen, einen von denen, mit deren Gedanken ich schon lange mitsegle, als blinder Passagier. Stelle mir vor keine Erwartung zu erfüllen, sondern einfach hinzusehen, hinzuhören. Damit also zu schweigen, vor allem zu schweigen. Sich leer zu machen für's Zuhören, für's Aufnehmen; das ist eigentlich sehr schön und voller Respekt. Wer nimmt das noch wahr?
[Musik dazu: Jefferson Starship - Jane. Vor allem die ersten vier Takte.]
Erkenntnisse, unwillige
- Drei Tage Urlaub in einer Stadt, in der man gern ist, können ausgesprochen demoralisierend wirken - bei der Rückkehr in die aktuelle Wohnstadt. [Berliner, wo seid ihr? Ich flehe um konkrete Unterstützung in Sachen Whg. in Berlin! Würde mich sogar so weit entblöden bei erfolgreicher Vermittlung einen iPod Mini springen zu lassen...]
- Kölner in der westfälischen Provinz sehnen sich in ihre Stadt zurück, können aber nicht erklären warum.
- Selbst Grau & Regen gefallen mir anderswo besser.
[Ja, ich habe ausgesprochen miese Laune heute!]