BEYOND the void
21/
08

Gott und ich

Wir hatten nie ein wirklich schlechtes Verhältnis zueinander. Seit meinem zehnten Jahr diskutieren wir seine Existenz, mein Weltbild, meine Ideen und die vielen ungeliebten Geschehnisse, die außerstande waren mir seine Nichtexistenz schlüssig zu belegen. Seine Existenz allerdings ebensowenig. So verlegte ich mich also auf die klassische agnostische Haltung, in Berlin würde man wohl sagen "Nüscht jenaues weeß man nich'." Damit, so scheint es, können wir beide gut leben. Jedenfalls hat er mich in den Momenten größter Not (Marke: Ich weiß zwar nicht, ob es dich gibt, aber wenn - und das wäre immerhin möglich - wärst du dann bitte so gut dich mal eben einzuschalten und ein wenig zu wirken? Ich bin hier gerade echt am A....!) nie hängen lassen. Das ist eine Sache zwischen ihm und mir.

Aber mit seinen irdischen Kollegen, also bitte, habe ich aus Gründen schon seit meinem dreizehnten Jahr nix mehr am Hut.

Nichtsdesto zahle ich seit Jahren nicht unerhebliche Beträge an Kirchensteuer. Zunächst aus Unkenntnis, dann in der Hoffnung, daß meine Zahlungen karitativen Bestrebungen zugute kämen, in den letzten zwei Jahren allerdings nurmehr aus Versehen. Nun, so fand ich, reichte es, und zwar absolut. Der HERR und ich - wir hattten schon immer ein eigenes Verhältnis. Der letzte evangelische Pfarrer, mit dem ich sprach, schon wieder aus Gründen, schien keinen guten Draht zu haben zu jenem höherem Wesen, das wir verehren, dafür griff sein Urteil bei weitem zu kurz. War außerordentlich menschlich. Und unfassbar wenig empathisch bzw. christlich. Schubladendenken. Dies war der Tag, an dem ich innerlich der Institution Kirche den Rücken drehte - nicht einmal auf Hochzeiten nehme ich an Gottesdiensten teil, doch betrete ich Kirchen - aber das führt nun zu weit ...

Dies alles bedacht habend, trachtete ich nunmehr aus dieser Institution auszutreten. Und lernte wie schwierig dies sei. Das AG, welches zuständig ist, hat beschlossen, daß es mit den Stadtbezirksänderungen nichts an der Mütze hat, ergo ist in diesem speziellen Falle Lichtenberg für mich zuständig - wieso das denn? Ich bin Friedrichshainer. - Und daß ich beizubringen habe: Anmeldebescheinigung, Personalausweis, Heiratsurkunde - weil ich eben verheiratet bin. Schön. Aber was zum Fuchs, wollen die Herrschaften mit meinem Ausweis der Verehelichung, wo ich noch nichteinmal kirchlich geheiratet habe? Gott ist groß. Gott ist groß.

Warum sind seine Stellvertreter auf Erden so furchtbar bürokratisch, so unfassbar klein?

radio me  2006 · 02:57  # ·  x  | 1005 x gelesen pixel